Sep 1, 2016

Tag 5: Happy? Birthday

Da wir heute unsere 550$ für das Visum an M weitergeben müssen, suchen wir alle unser Geld zusammen (schließlich haben wir das alle gut versteckt, damit nicht dasselbe mit dem Geld passiert wie mit dem Tablet). Ich öffne meinen Koffer und hole mein Geld und das von meiner Zimmergenossin heraus. Als sie zählt fehlen ihr 100$. Och nee, sie hat echt Pech. Ich versichere ihr, dass ich es nicht genommen habe. Immerhin ist es nun das zweite Mal, dass ihr etwas fehlt und beide Male ist es irgendwie mein Koffer. Ich biete ihr an meinen Koffer zu durchsuchen. Aber sie glaubt mir auch so und meint, dass das Geld wahrscheinlich zusammen mit dem Tablet verschwunden sei.
Im holprigen Bus machen die anderen ihre Hausaufgaben. Wenn einer ihnen über die Schulter guckt, müssen wir grinsen. Was würde passieren, wenn er/sie einen von uns korrigiert? Unser DalaDala wird angehalten. Wir verstehen lange nicht warum, bis eine Karawane von teuren Autos vorbeikommt. Anscheinend muss ein Politiker durch die Straße und daher muss sie freigemacht werden. Uns juckt es alle in den Fingern die Polizisten zu fotografieren, aber wir trauen uns doch nicht. Als unser DalaDala weiterfahren darf, beobachten wir die Polizisten, die Probleme mit ihrem Motorrad haben. Offenbar kommen sie nicht voran, denn sie öffnen den Motor.
Wir kommen leider auch nicht weiter, da wir in der falschen Richtung stehen und nicht wenden können. Wir fahren stattdessen einen Umweg durch die Gassen, wo ich riesige Pfützen sehe. Anscheinend hat es gestern Abend noch ordentlich geschüttet. Die Pfützen sind so riesig, dass man nicht weiß wie tief sie sind. An einer Stelle sinkt der hintere rechte Reifen ab und der DalaDala steht schief. Ich hab Angst aus dem Fenster zu fallen, da das Fenster neben mir offen steht und ich meine Beine anwinkeln musste, da ich über dem Reifen sitze. Besser gesagt hocke ich da, weshalb es jetzt recht einfach wäre herauszufallen, immerhin habe ich keine richtigen Halt. Den anderen geht es ähnlich, sie fürchten nun um ein Umkippen vom gesamten Bus. Aufgrund unserer Befürchtungen haben wir natürlich alle unwillkürlich Geräusche gemacht und angefangen unsere Befürchtungen zu teilen. Wir werden angestarrt, weiße Haut und besorgt sind eindeutige Zeichen, dass wir neu sind. Der Busfahrer fährt in aller Seelenruhe durch die nächste riesige Pfütze. Mitten durch! Wir sorgen uns nun nicht nur um Umkippen, sondern auch um Steckenbleiben oder Versinken. Als wir wieder auf der normalen asphaltierten Straße sind, geht mein Adrenalinspiegel wieder in den Normalzustand zurück. Als wir zur Universität hochgehen sorgen wir uns um die Vergebung unserer Lehrerin. Immerhin waren wir bisher nicht einmal pünktlich und unsere Ausreden hören sich ziemlich unglaubwürdig an. Aber unsere Lehrerin ist so fröhlich wie eh und je.
Um 12:04 soll die heutige Sonnenfinsternis ihren Höhepunkt haben und wir machen eine Pause, um sie zu begutachten. Wir beenden unseren Sprachkurs und gehen was Essen. Danach treffen wir uns mit unserer Mentorin und haben eine Diskussion über Arbeit und Leben in einer Gastfamilie. Ich frage nach Tabuthemen, um Fettnäpfchen aus dem Weg zu gehen und sie erzählt uns, nicht über Geschlechtsverkehr zu reden. An dieses Thema anschließend gibt sie uns eine kleine Aufklärungsstunde und ermahnt uns Kondome im Fall der Fälle zu nutzen. Auch sagt sie, wer keine feste Beziehung in diesem Jahr hat, macht etwas falsch. Aber besonders wir Mädels sollten vorsichtig sein, da wir viele Bewunderer haben werden. Das ganze hört sich an wie ein Wett-Daten. Als ich meine Gedanken teile, müssen wir lachen.
Unsere Mentorin hat uns zu einer Überraschungsparty einer ehemaligen Freiwilligen eingeladen und will uns vorher noch ein Hotel zeigen. Wir steigen in den nächsten Bus und sie nimmt wieder ein paar im Auto mit. Als wir Umsteigen müssen, sehe ich wie ein älterer Mann einen jungen Verkäufer kräftig am Ohr zieht. Meine Kinnlade fällt mir herunter. Ich frage, den Ehemaligen ob das auch so Gang und Gebe an der Schule ist. Er meint mit einem Schulterzucken „Ja“. Ich bin sprachlos. Als wir mit dem Bus losfahren, gucke ich mich mal wieder genauer um. Ein Baby fängt an zu weinen, und die Mutter nimmt ihren Schal als Sichtschutz, als sie ihrem Kind die Brust gibt. Kurz danach fällt das Kind in einen Tiefschlaf und ich beobachte die Mutter, wie sie im Ohr von ihrem Kind herumfummelt. Ich bin leicht verwirrt. Als wir an der Zielhaltestelle sind, müssen wir in ein Bajaji umsteigen und fahren zu unserer Mentorin. Doch bevor das geht, müssen wir sie anrufen und das Handy weitergeben, damit sie den Bajajifahrern sagen kann wo sie wohnt. Nach 5min hält der Bajaji-Fahrer an und fragt seine Kollegen, da er selbst anscheinend auch keine Ahnung hat. Als wir ankommen, bittet sie die Fahrer zu warten, da wir gleich weiterwollen. Sie führt uns durch ihr Haus. Im Vergleich zu deutschen Haushalten ist ihr Haus leer/kahl. Sofa, Stuhl, Tisch und Bett. Keine Regale und so gut wie nichts an den Wänden außer ein Paar Bilder ihrer Tochter. Die Treppenstufen sind mehrwürdig unregelmäßig und hauptsächlich zu hoch. Da wir nun alle das Haus gesehen haben, fahren wir los zum Hotel. Dort begutachten wir den riesigen Kronleuchter in der Eingangshalle und das Schwimmbecken (20m vom Meer entfernt). Als wir gehen wollen, treffen wir den „General Manager“. Ein Österreicher, der uns Horrorgeschichten und Statistiken herunter predigt und uns ermahnt nichts von der Straße zu essen. Er unterstreicht sein „Wissen“ über die miserablen Umstände in Tansania, als er sagt, dass viele seiner Angestellten sogar kein fließendes Wasser haben. Wir tauschen einen merkwürdigen Blick aus und wundern uns was er wohl dagegen unternimmt. Ich frage wo er denn wohnt, dass er sich so „gut“ auskennt. Er antwortet: Im Hotel natürlich. Wir lächeln und nicken und nehmen dankend seine Karte entgegen. Kaum sind wir draußen jedoch, brechen wir in Gelächter aus. Woher will er wissen wie das wirkliche Leben ist, wenn er sein Paradies von einem 5-Sterne-Hotel nicht verlässt?! Als wir das unserer Mentorin erzählen ist sie genauso sprachlos wie auch verärgert.
Wir gehen in das Hotel nebenan (billiger) und setzen uns in die Sonne und trinken was. Unsere Mentorin lernt mit einer App Deutsch, während ein paar von uns ins kalte Meer springen. Zwischendurch helfen wir ihr die Fragen zu beantworten und etwas zu erklären. Ansonsten beobachten wir ein Pärchen, das sich in Pose zu setzen weiß und zahlreiche Fotos schießt. Die Frau streckt ihren Allerwertesten (der kurviger ist als normal) hinaus und legt ihren Kopf schief. Ihr Freund lässt seine Muskeln spielen. Heidi Klum? Wo bist du wenn man dich braucht?!
Sie sammelt Geld ein damit wir genügend Pizzen bei der Überraschungsfeier haben und stellt fest, dass sie das Geschenk bei sich hat liegen lassen. Sie beschreibt den Bajajifahrern, wo wir hin müssen und fährt mit ein paar anderen los, um Pizza und das Geschenk zu besorgen. Als wir an dem Haus ankommen, wo die Party stattfinden soll, stellen wir fest, dass der Ehemalige ebenfalls mit unserer Mentorin unterwegs ist. Wir sind zu einer Überraschungsparty eingeladen von einer ehemaligen Freiwilligen, die wir nur einmal gesehen haben, als sie uns beim Sprachkurs besucht hat. Und jetzt sind weder unsere Mentorin noch der Ehemalige da. Wir klopfen an das Tor zum Grundstück, schließlich können wir nicht einfach auf der Straße warten. Nach längerem Warten wird uns aufgemacht. Wir treten ein und mir fällt eine Sofagarnitur im Innenhof auf. Wir sind eingeladen Platz zu nehmen, aber unser Türöffner muss zurück ins Haus und noch ein paar Vorbereitungen treffen. Wir fragen ob wir helfen können, aber nein. Und so warten wir im Innenhof und fühlen uns recht fehl am Platz. Nach einer Weile stellen sich die Leute im Haus vor, es sind Freunde vom Geburtstagskind. Und ein paar Minuten später kommt sie auch schon. Wir singen Happy Birthday.
Nach einer weiteren halben Stunde, kommt unsere Mentorin mit den anderen. Wir müssen relativ lange warten bis auch unsere Pizzen da sind. Leider müssen wir nun feststellen, dass eine Pizza fehlt und die Pizza generell schlecht schmeckt. Meine Laune ist nicht gerade in Hochstimmung. Dann lernen wir eine tansanische Tradition kennen. Das Geburtstagskind muss ihre Gäste mit Kuchen füttern und von jedem Stück muss ein Foto gemacht werden. Das ist eine süße Tradition.

Um 21:55 frage ich jedoch wie wir zum Hostel zurückkommen, da das Hostel um 23 Uhr schließt und wir meistens 45min dorthin brauchen. Die anderen haben anscheinend nicht daran gedacht und beginnen mit dem Gedanken zu spielen den Sprachkurs am nächsten Tag einfach ausfallen zu lassen. Unsere Gastgeber schlagen vor, dass wir einfach dort übernachten und von dort aus zum Sprachkurs fahren. Doch ich will zum Hostel zurück, hier fühle ich mich nicht wohl (ich kenne die Leute nicht) und sie trinken mehr und mehr Bier. Wir sind vier Leute, die zum Hostel wollen und ein Auto wird gesucht. Nach einigen Minuten haben wir ein Auto gefunden, sind jedoch nun zu sechst. Ich bin genervt. Dann findet sich ein Auto und wir wollen los, als sich unsere Mentorin Sorgen macht, dass wir nicht wissen wie wir zur Universität kommen. Doch meine Zimmergenossin und ich versichern ihr, dass wir es wissen. Dann fahren wir endlich los. Es ist 22:25 und einer der Jungs fragt den Fahrer, ob wir es bis 23 Uhr zum Hostel schaffen. Als er das hört drückt er auf die Tube.
In unserem Zimmer angekommen, regen wir uns über die miserable Organisation des heutigen Tages auf und darüber, dass wir schon wieder keine Zeit für Tagebucheinträge haben.

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