Aug 24, 2016

Tag 7: "Bed sheet size – one wife ok!"

Wir hatten eine erholsame Nacht, aber andere wurden von ihrer Klimaanlage wach gehalten. Am frühen Morgen haben mich die Rufe von Pfauen, Hunden, Fröschen, Katzen und Gänsen geweckt, aber ich konnte danach noch einmal den Schlaf finden. Auf der Morgentoilette stellen wir fest, dass die neue Klopapierrolle vom Vorabend schon leer ist. Als ich eine neue nehme, stelle ich fest, dass nur ca. 1/3 von der gewöhnlichen Menge an Klopapier dran ist. Dafür, dass wir in Indien an jeder Raststelle portioniertes Toilettenpapier erhalten und in jedem Hotel für Sparmaßnahmen geworben wird, ist es nachteilig eine recycelte Papierrolle für dieses bisschen Papier zu erstellen. Das ist noch nicht alles, das indische Toilettenpapier ist ungefähr alle 60cm perforiert, aber das ist einmal kaum zu sehen und zum anderen ist es auch egal, weil das Papier sowieso so reißt wie es ihm gerade passt. Dann besteht das „Papier“ auch noch nicht aus Papier, sondern eher aus einem Plastik-Papier-Gemisch, welches sehr „schwer“ ist, was den Abgang an geht. Der Spülkasten muss leer laufen, damit das Papier Auf-Wiedersehen winkt. (Sehr sparsam...)
Nach einem leckeren Frühstück geht es in den Bus, uns erwarten heute vier Stunden Festungsbesichtigung. Als wir dort ankommen, fahren wir schon an den ersten Geschäften vorbei. Eines verkauft Tagesdecken und auf einem Ausstellungsstück ist ein Zettel angebracht: „Bed sheet size – one wife ok.“ Ich muss lachen und die um mich herum ebenso. Kaum sind wir aus dem Bus ausgestiegen, sind wir von den ersten Straßenverkäufern umzingelt. Eigentlich wollen wir Fotos von der schönen Festung machen, aber die Verkäufer verdecken die Sicht und bleiben beharrlich stehen. Meine Taktik möglichst nicht reagieren, doch das sind manche Verkäufer bereits gewöhnt und haben ihre eigene Taktik, dir auf den Keks zu gehen, doch bei anderen reicht das schon aus. Bei denen wo es nicht ausreicht: Augenkontakt vermeiden, Nein sagen und die Handfläche ihnen entgegenstrecken und sie notfalls wegschieben. Will man etwas kaufen so kann man sich merken: man kann immer Handeln. Wer sagt, dass er später vielleicht doch was haben will, hat sich in die Defensive drängen lassen und wird es später bereuen, auch wenn es zunächst den Anschein macht, dass der Straßenverkäufer ihn in Ruhe lässt.
Durch die helle Hautfarbe fällt man als Tourist wahnsinnig schnell auf und schon folgt unserer Gruppe eine Handvoll Männer – das ist nicht sexistisch, sondern die Wahrheit, da es in Indien wesentlich mehr Männer als Frauen gibt. Zunächst sind wir verwirrt, doch dann verstehen wir aus den paar Brocken Englisch, dass sie Schuhe reparieren und bei Gruppen meist der ein oder andere nach zwei Stunden doch kaputt geht.
Die Gassen, der Festung sind meiner Meinung nach, schmal gebaut, so dass ein Auto gerade so an den Geschäftsständen vorbeikommen kann. Die Motorradfahrer fahren auch hier und hupen die Touristen aus ihrem Weg. Um die Mittagszeit steht die Sonne fast im Zenit, und ich überlege mich mit Sonnencreme einzucremen, doch meine Begleiterin meint: „Die rutscht doch ab!“ Wir müssen lachen.
Nach dem wir eine halbe Stunde die Geschäfte in den Gassen bestaunt haben und auch die Tatsache, dass an den merkwürdigsten Ecken sogar Kühe stehen, brauchen wir eine Pause. In einem süßen Café setzen wir uns in den Innenhof. Die Insekten, die durch die zuckersüßen Getränke angelockt werden, nerven mich. Doch schnell verstehe ich, dass Schwitzen seine Vorteile hat. Die Insekten ertrinken im Schweiß. (Ich muss dringend duschen gehen!) Als wir uns so langsam dem Ende der Besichtigung neigen, sehe ich ein Oberteil auf dem steht: I don't do drugs I am the drug! Der Spruch gefällt mir.
Wieder im Hotel angelangt, heißt es umziehen und eine Runde schwimmen gehen. Eine Abkühlung ist genau das, was ich jetzt brauche. Doch nach zu kurzer Erholung kommt das nächste gebuchte Abenteuer: eine Jeep-Safari zu den Sanddünen, wo wir auf einem Kamel reiten werden. (Nein, ich beklage mich nicht. Es ist manchmal einfach anstrengend, alles erleben zu wollen.)
Der Jeep fährt wahnsinnig schnell, so schnell, dass man, wenn man in Fahrtrichtung guckt, die Augen nicht auf machen kann. Die Einheimischen winken uns zu. Ein Junge läuft uns bis zu den Kamelen hinterher. Während wir uns von der Sonne unsere Urlaubsbräune verpassen lassen, müssen die Dorfbewohner hier ihre Arbeit erledigen. Unter der brühend heißen Wüstensonne, ohne den Fahrtwind vom Jeep. Wir beobachten ein paar Ziegen, wie sie sich auf die Hinterbeine stellen, um an den Bäumen noch ein paar Blätter zu naschen.
Als wir bei den Kamelen ankommen, haben wir mehr Respekt als vorher, vor den großen Tieren, die nun zum Knien gezwungen werden. Eine Art Schraube ist durch ihre Nase gebohrt, woran die Zügel befestigt werden. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen.
Ich sitze auf, in den vorderen Teil des Sattels, hinter mir meine Begleiterin. Wir sollen uns nach hinten lehnen und schon erwarten wir den „Auffahrunfall ohne Kopfstütze“ wie er im Reiseführer beschrieben ist. Doch er kommt nicht. Nach hinten lehnen hat wirklich geholfen, und das Aufstehen vom Kamel (eigentlich Dromedar, aber das interessiert, die Leute hier nicht so) haben wir nicht als unangenehm empfunden. Unsere Tour durch die Sanddünen geht los.

Wir machen Fotos voneinander und bewundern die Landschaft, von einem neuen Blickwinkel. Dann bleiben wir stehen. Wir sind verwirrt. Vor uns hat ein Kamelführer angehalten um den Sand zu prüfen, ob wir die Dünen hinaufkommen mit den Kamelen. Es ist schon schräg – im wahrsten Sinne des Wortes – mit einem Kamel einen Sandhügel hinauf zu kommen. Mit Nach-Hinten-Lehnen und alles genießen funktioniert es ganz gut. Doch dann parallel zum Abhang gehen, verpasst dem Kamel doch einen Rechtsdrall und das ganze wird noch aufregender als es ohnehin schon ist.
Nach dem Kamelritt geht es wieder mit dem Jeep zurück zum Hotel, und ich sehe eine einsame tote Kuh in der Wüste – sie bleibt jedoch nicht lange allein. Im Hotel gibt es ein leckeres Abendessen und nach einer herrlichen Dusche falle ich in den Tiefschlaf.

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