Aug 28, 2016

Tag 1: Was brauche ich und wo zum Teufel ist das?

Hallo, ich habe leider etwas länger nicht mehr schreiben können, aber die Vorbereitungen für meine große Reise und mein On-Arrival-Seminar haben sehr viel Zeit eingenommen. Meine Indien-Berichte sind leider noch nicht fertig, aber ich verspreche sie nachzureichen.

Jetzt würde ich gerne von meinem ersten Tag Berichten, da dieser wahrscheinlich für alle am wichtigsten ist und vermutlich schonmal das meiste erklärt.

Es ist 02:16 als ich im Flugzeug aus meinem Schlaf erwache. Ich bin nun schon seit 4std in der Luft und kann es immer noch nicht fassen, dass ich erst in einem Jahr zurückkommen werde. Das letzte, was ich von Deutschland sehen konnte, waren die Lichter. Verständlich natürlich, da es 22:05 war, als ich los geflogen bin. Das Frühstück lässt nicht lange auf sich warten. Zwar etwas merkwürdig um diese Zeit zu frühstücken, aber viel später geht es auch nicht, da wir gegen 05:45 in Äthiopien landen sollen. Ich gucke eine Folge The Big Bang Theory und versuche mir beim Toilettengang die Beine zu vertreten. Dann geht es auch schon in den Landeanflug. Natürlich kann ich auch hier erstmal nur Lichter sehen.
Nach dem Aussteigen warte ich auf die anderen, immerhin sind wir elf und haben alle unsere erste Afrika-Erfahrung vor uns. Kaum sind wir vollständig und haben zwei Schritte getätigt, werden die ersten Fotos geschossen. Gottseidank hält unser Flugzeug still, denn wir hätten das Bild vor Müdigkeit verwackelt, da wir nicht  so viel Schlaf bekommen haben.
Wir folgen den Schildern mit der Aufschrift: Connecting Passengers. Wir suchen unser Gate (Ich weiß, zu viele Anglizismen für meine Verhältnisse, aber keine Sorge, ich werde, vermutlich demnächst den Blog auf Englisch weiterführen, damit alle mitlesen können.) und setzen und legen uns auf die Bänke davor. Hier dürfen wir nun vier Stunden auf unseren Anschlussflug warten.
Mir gegenüber sitzen zwei Männern, die anscheinend beten. Beide haben ein Buch in den Händen und lesen eifrig. Dabei blättern sie in die für mich falsche Richtung. Doch was mich am meisten verwirrt sind die Lederriemen. Beide haben einen Lederriemen um den Kopf mit einem Quadrat daran, welches auf dem Scheitel sitzt. Der jeweils linke Ärmel von beiden Männern ist bis über den Ellenbogen hochgekrempelt und über der nackten Haut erstreckt sich ein anderer Lederriemen. Dieser wurde unzählige Male um den Unterarm gewickelt von Ellenbogen bis zu den Fingerspitzen. Ich frage mich, ob die Blutzirkulation so nicht unterbrochen wird. Auch dieser Lederriemen ist mit einem Quadrat versehen. Zusätzlich zu den Lederriemen tragen die beiden Männern noch eine Art Kopftuch. Es sieht aus wie ein langer weißer Schal, der über die Schultern geht und den Kopf umhüllt. (Von hinten sieht es allerdings aus wie eine Gardine.)
Als ich mich einmal genauer umsehe, sehe ich eine Frau, die ihr Handgepäck auf dem Kopf balanciert. Das habe ich in Afrika erwartet, allerdings bewundere ich die Tatsache, dass die Frau ihre Arme nicht zur Stabilisierung hochhält.
Die anderen haben sich jetzt eingerichtet und der erste schläft schon. Ich bin froh, dass ich ein Kissen dabei habe, denn die Bank ist äußerst unbequem und so tut der Kopf danach nicht weh. Aber erstmal kann ich nicht schlafen, also gebe ich mein Kissen weiter. Das verursacht Gelächter, da mein Kopfkissen Kopfkissen, Kuscheltier und Nackenrolle zugleich ist. Aber der, der es bekommt, merkt schnell wie bequem es ist und ist dankbar. Ich gehe mit ein paar Mädels zur Toilette. Dabei merke ich, dass nicht nur die Toiletten ausgeschildert sind, sondern auch die Gebetsräume. Auf eine freie Toilette muss ich nicht lange warten, dafür aber doppelt solange auf ein freies Waschbecken. Die Frauen schminken sich nochmal (Deswegen dauert das auf der Toilette immer solange Jungs. Also hört auf zu fragen und euch zu wundern, sondern seid dankbar, dass eure Freundin gut für euch aussehen will.) und dann hebt eine Frau ihr Bein auf einmal in das Becken. Ich bin leicht verwundert. Ihre Nachbarin tut es ihr gleich, sogar das Kopftuch wird einmal abgenommen, um das Haar mit Wasser zu benetzen. Als ich aus der Toilette komme und an den „Gebetsräumen“ vorbeigehe, realisiere ich, dass die Frauen wahrscheinlich auf dem Weg zum Gebet waren. Die „Gebetsräume“ sehen für mich aus, wie Besen- oder Abstellkammern. Das kommt mir nicht gerecht vor, da immerhin da 30 Leute gerade in ein so einem Ding sitzen. (Die Gebetsräume sind in Geschlechter aufgeteilt.)
Da wir nun einmal unsere Beine bewegt haben, bemerken wir erst jetzt den Auslauf, den wir brauchen und machen uns auf zu einem schönen Spaziergang. Zum Abschluss, wollen wir uns ein Wasser kaufen und meine Freundin mag noch eine Kaffee trinken. Als wir uns für ein Café entschieden haben, fragen wir einen Bediensteten, ob wir hier ein Wasser und einen Kaffee bekommen können. Wir werden zur Kasse geleitet, zahlen und werden zurück zu dem Typen geleitet, um unser Wasser zu bekommen. Das ist ja auch überhaupt nicht umständlich! (Sarkasmus) Der Kaffee dauert noch ein Minütchen und als eine Kellnerin kommt, sagt sie zu meiner Freundin, die feuerrote Haare hat: „Your hair is amazing.“ Sie fühlt sich geehrt und ich kann nicht anders, als die Situation als süß zu bezeichnen.
Als wir zurück zu den Bänken gehen, sehe ich, dass die Jungs unserem Beispiel gefolgt sind und nun ebenfalls eine Runde drehen. Wir setzen uns hin und machen es uns so gemütlich wie es nur geht. (Ich sehe mein Kissen unter dem Kopf von einem anderen Freiwilligen und freue mich, dass es hilfreich ist.) Von unserem Platz aus können wir die Kontrolle beobachten, die durchgeführt wird, bevor die Leute in den Wartebereich können. In der Schlange sehe ich eine Frau in Burka anstehen. Ich frage mich wie das Passfoto wohl aussieht und wie das kontrolliert wird und wie das generell funktioniert... Mein Kissen wird frei und ich mache es mir gemütlich und lege ein Nickerchen ein.
Als wir zum Flugzeug gehen, hole ich mein Ticket heraus und merke, dass bei mir „MR“ draufsteht. WOW. Also ich bin gewohnt, dass mein Name falsch ausgesprochen wird, aber das ist neu.
Wir steigen in einen Bus, der uns zum Flugzeug bringen soll. Als wir vor dem Flugzeug halten und aussteigen, ist das erste was ich sehen kann ein Flugzeugwrack. Wie ermutigend. Im Flugzeug läuft der Film „Zoomania“ und wir haben gute Laune. Dann: Der erste Schritt auf tansanischem Boden.
Wir betreten den Flughafen und ich bin erstaunt. Es sieht sehr voll aus, in der Mitte steht eine Art Bartisch an dem viele Leute ein DIN A5 Blatt ausfüllen. Die Schilder sind relativ verwirrend und ich frage mich, wie das hier funktioniert.
Wir haben keinen Schimmer, wie wir das Touristenvisum bekommen sollen. (Immerhin hat das mit dem Beantragen von einem Visum nicht geklappt, da jemand das E-Mail Konto gehackt hatte und mit dem Geld dann abgehauen war.)  Als ich einen Mitarbeiter frage, sagt er mir, dass wir das Formular ausfüllen müssen. Ich frage, wo wir das bekommen und er zeigt in den Raum den wir soeben durchquert haben und meint „Da“. Bloß nicht zu viele Informationen preisgeben. Nach langem Suchen und Herumfragen – was sich als sehr schwierig herausstellt, da nur die wenigsten Englisch verstehen – kommt eine Frau mit neuen Formularen. Als ich fast fertig bin, bemerke ich, dass mein Formular keine Rückseite hat. Also für alle die mich besuchen wollen: Am Rand von diesen Bartischen sind Halter angebracht, die das Formular enthalten. Achtet dabei darauf, dass euer Formular eine Rückseite hat! Mit dem ausgefüllten Formular geht es dann zum Schalter hinter dem ein weiterer Mitarbeiter sitzt. Man muss in eine Kamera gucken und seine Finger scannen lassen. Doch das sagen sie nicht einfach. Ich bekomme das Gefühl, dass es sich hier um sehr sprechfaule Leute handelt. Der Mitarbeiter vor mir zeigt nur auf die Kamera und danach auf das Scan-Gerät. Als ich frage mit welcher Hand ich anfangen soll und mit welchem Finger, schüttelt der Mitarbeiter den Kopf und zeigt gelangweilt auf das Gerät. Als ich meinen Daumen drauflegen will, schüttelt er den Kopf genervt und sagt: „Four Fingers.“ Und zeigt erneut auf das Gerät. Endlich verstehe ich. Am Rand von dem kleinen Gerät sind kleine Bilder angebracht, die zeigen wie man die Finger drauflegen soll und von welcher Hand. Die Bilder leuchten in grün auf, sodass man weiß, wann was dran ist. Danach bekomme ich die Anweisung das Visum zu bezahlen. Ich werde zu einem anderen Schalter weitergeleitet, und gebe das Formular, meinen Pass und meine 50$ ab. Dann stelle ich mich zu den anderen, die schon fertig sind, und wir unterhalten uns über die merkwürdige Prozedur. Die Namen der Leute, deren Visum fertig ist, werden ausgerufen (VORSICHT: afrikanische Aussprache) und man bekommt seinen Pass zurück und kann nun sein Gepäck abholen. Wir müssen sehr lange auf unsere Namen warten, aber dafür ist es sehr witzig zu beobachten, was die Mitarbeiter über das Bild und den Namen im Pass denken. Eine Mitarbeiterin ist gut gelaunt und sagt häufig, dass ihr der Name gefällt oder unsere Haare schön sind. Dann werden auch wir aufgerufen und wir holen unser Gepäck und treten hinaus.
Ein ehemaliger Freiwilliger und unsere Mentorin erwarten uns. Wir werden begrüßt und gehen zum Bus. Der „Bus“ sieht zu klein für elf Leute mit jeweils zwei Koffern aus. Doch wir passen gerade so hinein. Wir fahren zu einer Bank, damit wir tansanische Schillinge haben. Daneben ist ein Supermarkt, wo ich mir 1,5L Wasser für 800TSH kaufen kann. Ich werde ermahnt den Beleg zu behalten, da dieser am Ausgang noch einmal abgestempelt wird, damit sie überprüfen können, dass ich den Laden mit den Sachen verlasse, die ich auch bezahlt habe. Was für eine nützliche Weise Arbeitsplätze zu schaffen. (Nach dem der Beleg abgestempelt ist, kann man den auch wegschmeißen.)
Jetzt fahren wir zu unserem Hostel YMCA in Posta, Dar es Salaam.Während wir fahren, bemerke ich, dass die Häuser alle ziemlich heruntergekommen aussehen. Auch sehe ich, das die Ampeln hier quer über der Straße hängen. Aber auf die guckt sowieso keiner.
Wir haben ein Doppelzimmer zu viel und müssen lange verhandeln, damit das Geld sinnvoll ausgegeben bleibt. Dann beziehen wir die Zimmer und wollen uns frisch machen. Überraschung: Plumsklos. Juhu wir Mädels sind begeistert. Ich hab keine Ahnung wo da vorne und hinten ist und finde es äußerst anstrengend in der Hocke zu sitzen. Auch kann ich nicht sagen, dass es hygienisch ist. Es spritzt wie verrückt.
Unsere Mentorin ist gegangen, da am folgenden Tag ein paar Tansanier nach Deutschland aufbrechen, und sie möchte sie zum Flughafen begleiten. Stattdessen sind wir in den Händen vom ehemaligen Freiwilligen und haben eine kleine Belehrung über die Sicherheit in Tansania mit Erfahrungen vom Freiwilligen. Danach wollen wir essen gehen. Wir verabreden uns in einer Stunde wieder zutreffen, um uns noch ein bisschen einzurichten.
Ich bin in einem Dreier Zimmer und da ist es schwer die Koffer zu öffnen und so fragt meine Bettnachbarin: „Was brauche ich und wo zum Teufel ist das?“ Wir lachen. Nach einer Stunde treffen wir uns an der Rezeption und gehen ein kurzes Stück und kommen an einer Art Biergarten an. Uns wird gesagt, dass wir mit den Händen essen werden: erfreutes Schweigen. Wir können unsere Hände mit abgekochtem Wasser waschen und ich habe ein reine Gewissen. Pommes und Hähnchen kommen und jetzt macht es erst recht Sinn, mit den Fingern zu essen. Die Knochen sind halt noch darin, da man hat keine Masthähnchen vor sich hat, sondern eher die Hausaufzucht von nebenan.
Als wir fast fertig mit dem Essen sind und ich denke, dass wir einfach nur noch Zahlen und zurückgehen, macht es Krach. Ein Auto ist gegen das Eingangstor gefahren und hat eine ordentliche Beule abbekommen. Noch bevor die ersten Kameras einsatzbereit sind, um die Szenerie einzufangen, fährt es davon. Als wir gehen, sehe ich, dass das Tor so verbogen ist, dass es nicht geschlossen werden kann.
Auf dem Rückweg kaufen wir uns alle noch eine große Flasche Wasser und gehen uns im Hostel fertig machen. Mit dem Wasser putze ich mir die Zähne und danach gehe ich mich umziehen und ins Bett. Wir sind zwar froh, dass wir ein Moskitonetz bereitgestellt bekommen haben, aber es ist doch nervig, dass es keinen Eingang gibt, sondern dass man das Netz komplett anheben muss, um darunter durch ins Bett zukommen.

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